Bahnverbindung von Schömberg nach Unterreichenbach

(hierzu eine Übersichtskarte 1: 50.000)

Allgemeines:

Nach dem Schreiben des Schultheißenamtes vom 13. Juli 1918. an die königliche Generaldirektion der Staatseisenbahnen möchte die Gemeinde Schömberg, die als viel besuchter Höhenluftkurort schon seit längerer Zeit eine ihrem Personen- und Güterverkehr genügende Bahnverbindung erstrebt, diese nunmehr mittels einer und durch das Reichenbachtälchen führenden, in Unterreichenbach an die Nagoldbahn anschließende Stichbahn erreichen.

Durch das beschränkte Verkehrsgebiet, die mäßige Länge und die sich ergebende starke Steigerung mit der dadurch bedingten verhältnismäßig geringen Leistungsfähigkeit kennzeichnet sich diese Bahn als eine bergbahnartige Lokal- oder Kleinbahn.

Unter diesen Gesichtspunkten ist über die in Frage stehende Bahnlinie, soweit dies ohne weitere örtliche Erhebung und Untersuchungen möglich ist, folgendes zu bemerken.

Mitbenützung der Straße.

Eine Mitbenützung der Talstraße zur Aufnahme der Gleise erscheint im Hinblick auf deren Lage, Richtungs- und Neigungungsverhältnisse nicht oder doch nur auf sehr kurze Strecke möglich. Auch könnte hierdurch nur eine geringe Ersparnis erreicht werden, da die ungestörte Erhaltung des Straßenverkehrs in der Regel eine kostspielige Verbreiterung der Straße nötig macht. Die Bahn käme demnach auf eigenen Bahnkörper zu liegen.

Lage, Richtungs- und Neigungsverhältnisse.

Mit Rücksicht auf die Baukosten empfiehlt es sich, die steilen und bewaldeten Berghänge möglichst zu vermeiden und die Bahn in die Talsohle zulegen. Dies erscheint im allgemeinen durchführbar zu sein. Bei Annahme einer Zwischenstationen Kapfenhardt/Bieselsberg auf der Höhe von 447 m über NN und in der Endstation Schömberg auf etwa 607 nordöstlich vom Dorf ergibt sich bei einer Gesamtlänge von rund 8 km für die untere Teilstrecke eine Neigung von etwa 1:21 und für die obere von etwa 1:25.

Dabei dürfte auf der ganzen freien Strecke mit einem Bogenhalbmesser von etwa 200 m durchzukommen sein und nur vor und bei der Einführung in die Station Unterreichenbach eine Herabminderung auf etwa 100 m Bogenhalbmesser notwendig werden, dessen Verflachung jedoch bei näherer Untersuchung möglich erscheint und anzustreben ist.

Spurweite.

Nach dem eben Ausgeführten erscheint die Spurweite der Bahn durch ihre Richtungs- und Neigungverhältnisses nicht beschränkt; die Bahn kann daher mit Rücksicht hierauf mit Voll- oder Schmalspur ausgeführt werden.

Ein Urteil hinsichtlich der günstigsten Spurweite läßt sich nur bei eingehender, vergleichender Untersuchung der Bahn- und Betriebskosten abgeben.

Allgemein ist zu sagen, daß eine schmalspurige Ausführung geringere Baukosten für den Unter- und Oberbau der Linie beansprucht, während zugunsten der Vollspur und anderem der Wegfall der Umladung der Güter oder der, der Beförderung der Güterwagen auf Rollschemel und der Herstellung der hierzu nötigen Einrichtungen spricht.

Bei elektrischem Betrieb ist eine kleinere Spurweite als 1 m nicht erwünscht; bei Dampfbetrieb dagegen wird außer dieser vielfach eine Spurweite von 0,75 m angewendet. Eine noch kleinere Spurt, etwa 60 cm, dürfte sich aus den im nachfolgenden angeführten Gründen nicht empfehlen. Zudem wäre bei einer solchen Spur Rollschemelbetrieb ausgeschlossen.

Feldeisenbahnen.

Die geringe Spurweite von der 0,6 m hat die vom Schultheißenamt Schömberg erwähnte Feldeisenbahn unter der im militärischen Sinne eine rollbahnartige Ausführung, bestehend aus der in der Regel 5 m langen, festen Rahmen mit leichten Schienen auf eisernen Querschwellen und vielfach ohne regelrechten Unterbau zu verstehen ist. Bahnen für den öffentlichen Verkehr auf Feldbahnrahmen bestehen bis jetzt in Deutschland nicht; auch bei den hier in Betracht kommenden Kleinbahnen mit hinreichender Bettung und einem Oberbau; bei dem Schienen und Schwellen erst auf der Baustelle zusammen befestigt werden ist die Spurweite von 0,6 m nur bei dem Schienennetz in der Mecklenburg - Pommerschen Schmalspur durchgeführt. Bei einer so geringen Spurweite gestaltet sich aber nicht nur die Personenbeförderung unbequem, ihre Unzulänglichkeit zeigt sich auch bei der Aufnahme des Güterverkehrs, dem bei derart leichterer Bauweise und der geringen möglichen Zugkraft der Lokomotiven nur unvollkommen entsprochen werden kann.

Kleinbahnmaterial.

Bei der Demobilmachung wird außer Feldeisenbahn- auch Kleinbahnmaterial frei werden, über dessen Art, Beschaffenheit und die Menge aber bisher nichts bekannt gegeben wurde. Wenn es nun auch möglich sein dürfte, hiervon geeignetes Material für die fragliche Linie zu erwerben, so ist doch eine erhebliche Verbilligung des Bahnbaus hieraus nicht zu erwarten, da die Kosten des Oberbaus nur einen geringen Teil des Gesamtaufwands eines Bahnbaus auszumachen pflegen.

Betriebsart und Leistungsfähigkeit.

Der Betrieb der Bahn ist an sich mit Dampf oder Elektrizität durchführbar. Im letzteren Falle können elektrische Lokomotiven oder Motorwagen mit Anhängern Verwendung finden. Dabei lassen sich je nach der Zugkraft und Zahl der Lokomotiven Züge verschiedener Belastung befördern; Lokomotiven durchschnittliche Stärke werden jedoch wegen der großen Neigung der Linie nur kurze Züge von etwa 3 Wagen zu führen vermögen.

Für den beschränkten Verkehr, den die Bahn aufzunehmen hat und der durch die Bedürfnisse der Gemeinde Schömberg, sowie der weiteren Orte Kapfenhardt, Bieselsberg, Schwarzenberg und Langenbrand gegeben ist, dürfte jedoch ein solcher Betrieb ausreichen.

Zusammenfassung.

Auf Grund des Vorstehenden läßt sich vorbehaltlich näherer Erhebungen und Untersuchungen aussprechen, daß eine nach dem Vorschlag des Schultheißenamts Schömberg dem Reichenbachtäle folgende Bahnlinie von Schömberg nach Unterreichenbach als kurze, in erheblicher Neigung liegende normal- oder schmalspurige Stichbahn von rein örtlicher Bedeutung, mit Dampf oder elektrischem Betrieb in bautechnischer Hinsicht als ausführbar erscheint, wobei die Verwendung von aus dem Felde anfallendem Kleinbahnmaterial nicht ausgeschlossen ist.